Besuch bei der Sick AG – Von wegen Mathe braucht man nicht!
Katharina Flößer
„Mathe braucht man nicht!“ Diesen Satz habe ich als Lehrerin für Mathematik und Physik schon unzählige Male gehört. Ich muss natürlich zugeben: In meiner Laufbahn habe ich nach der Schule die Universität und dann wieder die Schule besucht – Einblick in Unternehmen habe ich dabei kaum bekommen. Umso gespannter war ich darauf, was wir bei der Sick AG in Waldkirch zu sehen bekommen würden, und ob mir der Besuch helfen würde, eine Antwort auf die leidige Schüler*innenaussage zu geben.
SICK ist einer der weltweit führenden Hersteller von intelligenten Sensoren und Sensorlösungen für die Fabrik-, Logistik- und Prozessautomation.
Pünktlich um 14.30 Uhr stand ich im Empfangsbereich von SICK und wartete gespannt auf den Beginn der Führung. Mit mir warteten einige anderen Kolleg*innen aus verschiedenen Schulformen. Schließlich wurden wir von Herrn Bohn, dem Ausbildungsleiter des Konzerns, in Empfang genommen. Er führte uns zu einer Ausstellung und zeigte uns die verschiedenen Sensoren, die die Firma herstellt. Dazu gehören zum Beispiel Sensoren, die Abstände, Neigungen und Winkel messen, aber auch solche die Flüssigkeiten, Gase und Schüttgüterstände messen können.
Die von Sick produzierten Lichtschranken können feststellen, ob jemand durch die Schranke geht, oder nicht. Sie kommen beispielsweise bei Türen von Bussen und Straßenbahnen zum Einsatz aber auch bei Fahrstühlen. In manchen Fällen werden diese Schranken und ihr gegenüberliegender Empfänger aber auch in viel größeren Abständen als bei den oben genannten Beispielen aufgestellt. So kann etwa gezählt werden, wie stark befahren eine Straße zu bestimmten Uhrzeiten ist. Hier ist es natürlich sehr schwer, die Lichtschranke so zu justieren, dass die Strahlen genau das gegenüberliegende Gerät treffen. Sofort kam mir eine Aufgabe für meine Schüler*innen in den Kopf: Warum ist das so? Und prompt sind wir mitten in Dreiecksberechnungen und Strahlensätzen.
Auf einem Bildschirm wurde der genaue Standpunkt der Besucher*innen, also uns, in einem Koordinatensystem dargestellt. Wir erschienen als orangefarbene Punkte, während vorangegangene Besucher*innen als blaue Linien zu sehen waren. Auf diese Weise können zum Beispiel Besucher*innenströme in Museen aufgezeichnet werden, damit das Museum rekonstruieren kann, welche Exponate besonders gerne gesehen werden. Aber wie werden die Werte aufgezeichnet? Herr Bohn zeigte uns drei Sensoren, die auf Höhe unsere Unterschenkel im Raum angebracht waren. Sofort sind wir wieder in der Mathematik bei Koordinatensystemen: Was wird da gemessen und wie entstehen damit die Punkte im Koordinatenkreuz?
Nach dieser Einführung durften wir einen Blick in die Produktion werfen. Die unterschiedlichen Werkstücke werden hier in sogenannten Fertigungsstraßen hergestellt. In jeder Werkstraße arbeiten ca. 6 Mitarbeiter*innen, von denen jeder alle Tätigkeiten durchführen kann, so dass sie sich im Zweifelsfall auch gegenseitig problemlos vertreten können. Nicht nur Mitarbeiter*innen führen wichtige Tätigkeiten durch, sondern auch Roboter. Es war unglaublich spannend zu sehen, wie eine vollautomatische Produktion abläuft: Ein Roboterarm greift ein Stück, legt es an einer anderen Stelle ab, dort wird es weiterverarbeitet, schließlich vom Roboterarm aufgegriffen und weitergereicht. Es versteht sich von selbst, dass Sensoren hier wiederum eine große Rolle spielen.
Doch nicht nur mathematische Inhalte seien bei Sick wichtig, betonte Herr Bohn am Ende der Führung. Neben Binärzahlen, E-Funktionen und den oben erwähnten Inhalten gehe es vor allem auch darum, dass die Auszubildenden und Mitarbeiter*innen in der Lage seien, offene Fragenstellungen und Probleme selbständig zu bearbeiten und eigenständig Projekte durchzuführen.
Neben Problemlösekompetenzen würden von Sick auch Kompetenzen in der Teamarbeit, interkulturelle Kompetenz, Sprachkompetenzen und Kreativität erwartet. Es gehe weniger darum, alle mathematischen und naturwissenschaftlichen Inhalte vorab zu beherrschen, die sich in unserer Technologie- und Informationsgesellschaft ohnehin ständig ändern, sondern sich immer wieder neue Inhalte zu erschließen und Probleme lösen zu können, betonte Herr Bohn. Und dabei wurde mir klar: Der Ansatz des forschenden Lernens im Unterricht, das selbständige Lösen von Problemen mit Realitätsbezug oder auch aus der Mathematik, bereiten die Schüler*innen also optimal auf zukünftige Berufstätigkeiten vor. Jetzt war ich um einige Ideen und Geschichten reicher, um meinen Schüler*innen zu sagen: Seht ihr, Mathe braucht man halt doch!