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Kurz berichtet

Molekulare Küche

MINT-Unterricht mal anders: von der Sterneküche ins Pflegeheim

Peter Steurer

Ursprünge: von der Haute Cuisine zum Jugendtrend

Die Molekulare Küche, die ihren Ursprung in der Spitzengastronomie hat, bietet zahlreiche Möglichkeiten für die Zubereitung und Präsentation von Speisen. Die Hochphase der Molekularen Küche vor rund 15 Jahren war eng mit Sterneköchen wie Ferran Adrià verknüpft, in der Folge fanden einige Techniken Einzug in den kulinarischen Alltag der gehobenen Gastronomie. Dazu gehören etwa das Sous-vide-Garen sowie Espumas. Ein weiteres bekanntes Beispiel sind Alginatperlen, die als „Fruchtkaviar“ bekannt wurden und heute bei Jugendlichen in Bubble Tea als „Popping Boba“ große Beliebtheit genießen.

Abgesehen von derartigen spielerischen Aspekten hält die Molekulare Küche jedoch auch praktische Anwendungen bereit. Die intensive Beschäftigung der Molekularen Küche mit der Erzeugung adaptierter Texturen, der Extraktion von Geschmacksessenzen sowie dem tiefen Verständnis der der Nahrungszubereitung zugrundeliegenden chemisch-physikalischen Prozesse liefert die ideale Grundlage, um im komplexen Feld der Krankenernährung angepasste und dennoch ansprechende Gerichte zuzubereiten.

4 Sektgläser stehen auf einem weißen Tisch. Darin befindet sich eine durchsichtige Flüssigkeit und pfirsischfarbene kleine Perlen schwimmen oben.

Foto: Alkoholfreier Aperolkaviar in alkoholfreiem Sekt – trotzdem hübsch.

Foto: Ein molekulares Hauptgericht: Bratwurst mit Kartoffelrösti und Vichy-Karotte – gekocht, püriert und neu gebunden.

Kost für Menschen mit Schluckbeschwerden

In den letzten Jahren entwickelte sich dementspechend ein neues Anwendungsgebiet: Die Nahrungszubereitung für Menschen mit permanenten, krankhaften Schluckbeschwerden (Dysphagie). Diese treten beispielsweise nach Schlaganfällen, bei neurodegenerativen Erkrankungen oder im Zuge des Alterungsprozesses auf. In Deutschland sind etwa fünf Millionen Menschen betroffen; bei den Über-75-Jährigen zeigen rund 45 Prozent entsprechende Symptome.

So kann sie bei Menschen mit Schluckbeschwerden eine auf ihre Bedürfnisse abgestimmte, vielfältige Ernährung ermöglichen. Basierend auf lebensmitteltechnischen Erkenntnissen und Hilfsmitteln können gezielte Anpassungen an den Texturen, Geschmacksdimensionen und der Optik von Lebensmitteln vorgenommen werden.

Open Schooling Projekt: Schüler*innen kochen für Senior*innen

Die Molekulare Küche verbindet kulinarische Kreativität mit naturwissenschaftlichem Lernen und bietet im schulischen Bereich einen spannenden, interdisziplinären Zugang zu Themen wie Chemie, Physik und Ernährung.

Ein Beispiel für den Einsatz im Unterricht ist ein Projekt an den Beruflichen Schulen Wolfach. Im Rahmen einer Unterrichtseinheit erhielten die Schüler*innen einen Überblick über die Thematik der Dysphagie sowie einige Grundlagen der Molekularen Küche. Sie führten den IDDSI-Tropftest durch, um den Begriff der Viskosität zu thematisieren, und bereiteten ein Menü für Senior*innen mit Schluckbeschwerden zu. Das Menü wurde durchweg positiv angenommen und zeigte, wie die Molekulare Küche zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen kann.

Foto: Die Testesser aus Hausach

Fazit: Interdisziplinärer MINT-Unterricht mal anders

Die Themen Nahrungsmittelzubereitung, Ernährung und Gesundheit eignen sich perfekt zur Durchführung von fächerübergreifendem Unterricht mit MINT-Themen. Gerade die neuen Trends zum Einsatz von Techniken aus der Molekularküche im Bereich der Pflege zeigen die Verbindungen zwischen den einzelnen Fachbereichen auf.

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